Der Arbeitstag wird neu getaktet
Mit dem abrupten Wechsel ins Homeoffice haben viele junge Leute ihren Arbeitstag neu organisiert. Für viele ist das Streamen von Inhalten inzwischen ein fester Bestandteil, weil es persönliche Pausen ermöglicht und den Wegfall informeller Bürogespräche ausgleicht. Das zeigt auch eine Umfrage des Streaming-Dienstes Tubi (im Besitz der Fox Corporation): Laut der Umfrage geben 84 % der Arbeitnehmer der Generation Z an, dass sie beim Arbeiten zu Hause Fernsehsendungen oder Filme schauen. Das wird nicht nur als passiver Hintergrund wahrgenommen, sondern dient oft auch als Reizgeber und zur Steuerung der Konzentration während des Arbeitstages.
Wie Streaming die Produktivität beeinflusst
Interessanterweise zeigt die Tubi-Umfrage außerdem, dass mehr als die Hälfte der befragten jungen Arbeitnehmer Aufgaben aufgeschoben haben, um eine Sendung weiterzuschauen. Solche Verhaltensweisen werfen Fragen zur Produktivität und Effizienz auf — das bestätigt auch die Workhuman-Studie von 2024. Laut dieser Studie haben mehr als 30 % der Arbeitnehmer der Generation Z und Millennials zugegeben, ihre Aktivität während der Arbeitszeit zu „fälschen“. Der Begriff „Scheinproduktivität“ oder „fauxductivité“ fasst dieses Phänomen gut zusammen.
Meisha-ann Martin, Senior Director bei Workhuman, warnt aber davor, dieses Verhalten einfach als Faulheit abzustempeln. Es kann ebenso ein Zeichen von Angst vor Burnout oder von Desengagement sein. Der Wegfall spontaner Interaktionen im Büro (zum Beispiel Gespräche an der Kaffeemaschine) könnte das Bedürfnis nach medialem Ersatz erklären.
Arbeitgeber und Experten reden mit
Der Wandel hin zu hybriden Arbeitsmodellen, der in vielen Branchen zur Norm wird, stellt Arbeitgeber wie Arbeitnehmer vor neue Herausforderungen. Führungskräfte wie Jamie Dimon, CEO von JPMorgan Chase, fordern vehement eine vollständige Rückkehr ins Büro und vertreten die Ansicht, dass Remote-Arbeit, besonders bei jungen Mitarbeitenden, ineffektiv sei. Auf der anderen Seite betont Simran Bhatia von Reality Defender, dass Streaming helfen kann, die Aufmerksamkeit zu halten — vergleichbar mit der Methode des „Body Doubling“, die bei ADHS oft genutzt wird.
Unternehmen müssen sich an diese sich verändernde Arbeitssituation anpassen. Patrice Lindo, CEO von Career Nomad, empfiehlt, das Verständnis von Aufmerksamkeit und Produktivität im modernen Arbeitsumfeld neu zu denken. Streaming während der Arbeitszeit mag unkonventionell wirken, ist aber nicht automatisch ein Produktivitätskiller.
Das Streamen von Serien oder Filmen im Homeoffice spiegelt ein sich wandelndes Arbeitsumfeld wider, in dem Beschäftigte kreative Wege finden, Motivation und Effizienz zu verbinden. Diese Entwicklung könnte die Zukunft der Arbeit tiefgreifend beeinflussen, weil sie nicht nur die Leistung am Arbeitsplatz, sondern auch das Wohlbefinden der Mitarbeitenden berührt. Unternehmen, die sich darauf einstellen, haben bessere Chancen, sich in der post-pandemischen Arbeitswelt zu behaupten.